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„Kampf der Formulare“ nach dem Übereinkommen der UN über Verträge über den internationalen Warenkauf (im Folgenden: CISG)

Wenn die Vertragsparteien im Angebot und in der Annahme jeweils auf die Anwendbarkeit ihrer eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweisen, stellt sich die Frage, welche allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Vertrag anwendbar sind. Nach nationalem niederländischen Recht muss diese Frage im sogenannten „Kampf der Formulare“ nach der „First Shot Rule“ beantwortet werden.

„Kampf der Formulare“ nach dem Übereinkommen der UN über Verträge über den internationalen Warenkauf (im Folgenden: CISG)

Amsterdam/Enschede, 1. Juli 2024

Wenn die Vertragsparteien im Angebot und in der Annahme jeweils auf die Anwendbarkeit ihrer eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweisen, stellt sich die Frage, welche allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Vertrag anwendbar sind. Nach nationalem niederländischen Recht muss diese Frage im sogenannten „Kampf der Formulare“ nach der „First Shot Rule“ beantwortet werden.

Die „First Shot Rule“ besagt, dass die zweite Bezugnahme auf Allgemeine Geschäftsbedingungen keine Wirkung hat, es sei denn, die zweite Bezugnahme lehnt die Anwendbarkeit der ersten Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausdrücklich ab. Kurz gesagt: Wer zuerst „schießt“, gewinnt, es sei denn, es liegt eine Ausnahmesituation vor.

Bei einem grenzüberschreitenden Verkauf muss jedoch zunächst geprüft werden, ob das CISG Anwendung findet. Kurz gesagt, das CISG gilt für einen internationalen Verkauf beweglicher Güter zwischen zwei professionellen Parteien (B2B). Diese Parteien müssen entweder selbst in einem Staat ansässig sein, der Vertragsparteien des CISG ist oder sich auf die Anwendbarkeit des Rechts eines Staates geeinigt haben, der Vertragspartei dieses Übereinkommens ist. Findet das CISG Anwendung, dann entscheiden sich beide Fragen, nämlich die Frage, ob Allgemeinen Geschäftsbedingungen überhaupt Anwendung finden und wenn ja, welche der unterschiedlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen dann auf den (grenzüberschreitenden) Kaufvertrag anwendbar sind, nach dessen Regelungen.

Nach den Bestimmungen der Artikel 14 und 18 in Verbindung mit den Artikeln 8 und 9 des CISG sind Allgemeine Geschäftsbedingungen Bestandteil des Kaufvertrags, wenn zwei Voraussetzungen erfüllt sind: Die Parteien müssen die Einbeziehung dieser allgemeinen Geschäftsbedingungen in den Vertrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart haben und die Gegenpartei des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen muss in angemessener Weise Gelegenheit gehabt haben, sich mit ihnen vertraut zu machen.

Ergibt diese Prüfung, dass sowohl die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Käufers als auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Verkäufers Bestandteil des Vertrages sind, stellt sich die Frage, welche der Allgemeinen Geschäftsbedingungen anzuwenden ist. Dabei geht der CISG-Beirat, eine internationale Expertengruppe für das CISG, von der sogenannten „Knock-out-Regel“ aus. In der Stellungnahme Nr. 13, Regel Nr. 10, hat der CISG-Beirat kurz und bündig entschieden, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen nur dann gelten, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen inhaltlich ähnlich sind. Inhaltlich abweichende Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nicht Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrags. Hierfür gilt also der „Knock-out“.

Für den Fall, dass die „Knock-out-Regel“ dafür sorgt, dass zwischen den Parteien zu bestimmten Themen nichts geregelt wird, müssen die Parteien auf den Inhalt des CISG zurückgreifen. Soweit die Gegenstände auch im CISG nicht geregelt sind, müssen die Parteien auf das anwendbare nationale Recht zurückgreifen. Art. 4 Abs. 1 lit. a Rom-I-Übereinkommen (Verordnung (EU) Nr. 864/2007) bestimmt, dass auf den Kaufvertrag über bewegliche Sachen das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Verkäufer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Kommt es zu einer Konfliktsituation in Bezug auf einen Gegenstand, der weder im Kaufvertrag noch im CISG durch allgemeine Geschäftsbedingungen geregelt ist, muss das anwendbare Recht ausschlaggebend sein.

Fallbeispiel: Grenzüberschreitender Kauf von Rohren für einen Wärmetauscher

In einem aktuellen Fall ging es um einen Kaufvertrag über den Erwerb von Rohren, die in Wärmetauschern eingebaut werden sollten. Die verkaufende Partei hatte ihren Sitz in den Niederlanden. Die kaufende Partei war in Deutschland ansässig. Der Käufer in Deutschland benötigte die Rohre für ein Großprojekt: den Bau eines Wärmetauschers bei einem Dritten, einem seiner Kunden. Bei der Verlegung der Rohre im Wärmetauscher stellte sich heraus, dass die Rohre fehlerhaft waren. Unter anderem gab es mehrere Risse in den Rohren. Aufgrund der Verletzung des Kaufvertrags erlitt der deutsche Käufer einen erheblichen Schaden. Zunächst einmal musste der Käufer die Mängel von einem Sachverständigen untersuchen lassen. Dies war mit hohen Kosten verbunden. Zweitens musste der deutsche Käufer die defekten Rohre Stück für Stück ausbauen und neue, ordnungsgemäße Rohre in den Wärmetauscher einbauen. Schließlich verlangte der Dritte vom deutschen Käufer eine hohe Vertragsstrafe für die verspätete Lieferung des Wärmetauschers.

Da sowohl der deutsche Käufer als auch der niederländische Verkäufer bei Vertragsabschluss auf ihre eigenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwiesen, stellte sich die Frage, welche Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den Kaufvertrag anwendbar waren. Da es sich um einen grenzüberschreitenden Verkauf beweglicher Sachen zwischen zwei professionellen Parteien handelte, die beide Vertragsparteien sind, fand das CISG Anwendung. Auf der Grundlage des CISG musste zunächst festgestellt werden, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer der beiden Parteien überhaupt Anwendung finden. Dann war nach der „Knock-out-Regel“ zu bestimmen, welche Allgemeinen Geschäftsbedingungen gelten.

Die beiden Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterschieden sich inhaltlich in fast allen Punkten, auch beim Ausschluss von Schadensersatz. Lediglich in einem Punkt stimmten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen inhaltlich überein: Beide Parteien hatten in ihren AGB die Anwendbarkeit des CISG ausgeschlossen. Da die Allgemeinen Geschäftsbedingungen in diesem Punkt übereinstimmten, war das CISG somit nicht anwendbar. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Schadensersatz stimmten inhaltlich nicht überein, so dass auf diese Bestimmungen die Knock-Out-Regel Anwendung fand. Die Rechtsfrage des Schadensersatzanspruchs musste daher nach dem anwendbaren niederländischen Recht entschieden werden.

Haben Sie Fragen zu diesem Thema, oder haben Sie einen Streitfall in Bezug auf einen (internationalen) Kaufvertrag mit Bezug auf die Niederlande? Dann wenden Sie sich bitte an uns (Frau Rechtsanwältin I.K.M. Hoffmann und Frau L.E.M. Zanderink)

Autor: Frau L.E.M. Zanderink, Damste Advocaten, Niederlande

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